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Marx´ Gespenster
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Iring Fetscher
Michael Hardt
Ilya & Emilia Kabakov
Slavoj Zizek
Peter Bürger
Alfred Hrdlicka
Wolfgang Fritz Haug
Jonathan Meese




 

Intro/ Interview/ Biografie/

Die Leiterin des Karl-Marx-Hauses, Beatrix Bouvier, hatte in einem unserer Emails erwähnt, dass sie neulich ein Buch des Österreichers Robert Misik gelesen hatte, „Marx für Eilige“, angeblich eine frische Re-Lektüre, die auch gleich zu einer Radiodiskussion im Südwestfunk geführt hatte. Iring Fetscher, der Altmeister des Marxismus, hätte neben ihr ebenfalls an dieser Diskussion teilgenommen. „Marx für Eilige“ war nicht unbedingt das, was ich mir für die Remarx-Reihe wünschte, aber ein Altmeister, das klang vielversprechend. Soeben war bei Suhrkamp eine Neuausgabe der Vorlesungen erschienen, die Alexandre Kojève Ende der 30er Jahre unter dem Titel „Introduction à la lecture Hegel“ gehalten hatte. Diese Vorlesungsreihe hat Generationen von Denkern beeinflusst, u.a. haben Merlau-Ponty, Bataille und Lacan Kojèves Kurs besucht. Die deutsche Ausgabe stammt von Iring Fetscher, er hatte Kojève 1945 während eines Studienaufenthaltes in Paris kennen gelernt und war mit ihm bis zu dessen Tod befreundet. Als ich dann noch erfuhr, dass die schöne Neuausgabe von Goebbels´ Sportpalastrede auch von Iring Fetscher stammte, war klar, dass ich ihn unbedingt aufsuchen musste. Ich hatte gerade eine Interviewreihe „Face/Off“ beendet und arbeitete an einer Ausgabe von Hitlers Reden zur Kunst. Egal ob wir jetzt über Marx, Kojève oder Goebbels sprechen würden, Fetscher ist ein Zeitzeuge, ein Überlebender, der nicht nur die Politikwissenschaften in Deutschland begründet hat, sondern er kannte auch viele der großen Denker noch persönlich. Deshalb freute ich mich sehr, als ich in einem merkwürdigen Briefumschlag – Hotel Adlon Berlin, Absender Prof. Dr. Dr. h.c. Iring Fetscher, Poststempel Frankfurt am Main – sein Antwortschreiben bekam. Der ganze Brief war mit Schreibmaschine geschrieben, einige Typen verrutscht und einige Erläuterungen von Hand hinzugefügt. Er würde an dem Diskurs gerne teilnehmen und glaube das X hinter der Maske, den Kern von Marx zu kennen, erlaube sich aber auch gelegentlich daran zu zweifeln. Das war eine Anspielung auf meinen einführenden Essay zu „Face/Off“, in dem ich den Faktor X hinter der Maske des Menschen erwähne. Marx sei in der Tat kein Marxist gewesen, , sondern habe häufig bewiesen, dass er ein Meister nüchterner und ehrlicher Beschreibungen der sozialen und ökonomischen Realität war. Als private Aufzeichnung im Konzept klänge Marx meistens anders als in den Texten, mit denen er ein Publikum in Wort und Schrift beeinflussen wollte.
In Fetschers Wohnung in Frankfurt führten wir dann eines dieser seltsamen Gespräche, bei denen man ständig aneinander vorbeiredet. Ich wollte über die Gespenster von Marx sprechen, Kojèves Ende der Geschichte, Bataille, Carl Schmitt...Iring Fetscher führte uns in sein Arbeitszimmer, das mit Büchern überhäuft war, diverse Marx-Engels-Bände, zahlreiche Erstausgaben. Überall Manuskripte, Kartons, ein Diwan, auf dem Schreibtisch eine Originalausgabe von Carl Schmitts „Der Begriff des Politischen“. Da wir während des Interviews Filmaufnahmen machten, hatte er sich schnell noch ein Jackett angezogen. Unser Gespräch geriet zu einer Art Collage, Fetscher hatte sich offensichtlich schon einige Antworten überlegt und da er wusste, dass ich mich auch für Kojève interessierte, kam er meinen Fragen immer wieder zuvor. Er wollte partout nicht über Gespenster reden und wich immer wieder aus. Bataille, Baudrillard, Lacan kannte er nicht wirklich, Schmitt interessierte ihn nicht, dafür aber Aron, Merleau-Ponty, Queneau, Adam Smith, Shakespeare und Goethe. Ab einem bestimmten Zeitpunkt gab ich mein Konzept auf und folgte einfach seinen Ausführungen und Erinnerungen, die faszinierend genug waren. Immerhin zwei Stunden Aufnahmezeit. Iring Fetscher erzählte von seiner Zeit in Paris, von Adorno,Horkheimer, Marcuse...das alles klang so wunderbar, dass ich mich beim Redigieren entschloss, nach dem ersten Teil des Gesprächs, „Marx“, in dem ich die Stringenz der Argumentation herausarbeiten wollte, einen zweiten Teil „Kojève“ anzuhängen. Dieser zweite Teil hat eher privaten Charakter mit vielen biografischen Details und so hat Iring Fetscher hier auch kaum Veränderungen vorgenommen. Im ersten Teil jedoch gibt es einige nachträglich eingefügte Passagen und Verbesserungen..... natürlich mit Schreibmaschine oder von Hand, Umschlag Johann Wolfgang von Goethe Universität, Absender Prof. Dr. Dr. h.c. Iring Fetscher.